Diskussion: Zur Position des Petitionsausschusses

Kigarettenkippen Petitionsausschuss
Grafik: Die Aufheber

DISKUSSION
Zur Position des Deutschen Bundesregierung

Im April 2020 lehnte der Petitionsausschuss des Bundestags die Petition für ein Pfand auf Zigarettenkippen in Höhe von je einem Euro ab (eingebracht von Eugen Hoppe-Schultze). Begründung:

  • Es sei unverhältnismäßig, von den Genussmittelkunden ein Pfand zu erheben und die Vertreiber zur Einrichtung eines Rücknahmesystems zu verpflichten

  • Mehr Mülleimer, Ordnungsgelder und umweltbildende Maßnahmen seien zu bevorzugen

  • Die Sauberkeit in Kommunen sei keine Bundesaufgabe

Die deutsche Bundesregierung begrüßt die Reglungen der europäischen Einweg-Kunststoff-Richtlinie [Richtlinie (EU) 2019/904] vom 5. Juni 2019 (siehe hierzu: DISKUSSION – Zur Position der EU). Sie weist darauf hin, dass Probleme durch Zigarettenmüll nur dann entstehen, wenn dieser nicht ordnungsgemäß entsorgt wird und zieht daraus den Schluss, dass Maßnahmen bei der „ordnungsgemäßen Entsorgung der Zigarettenkippen“ (im Gegensatz etwa zu einem Verbot von Zigaretten) ansetzen müssen.[1] Die Bundesregierung stimmt außerdem zu, dass die „Vermüllung von Umweltmedien durch das achtlose oder beabsichtigte Wegwerfen von Abfall“[2], zu dem die Zigarettenkippen laut einer Studie mit geschätzten 35% beitragen[3], problematische Umweltfolgen hat. Sie sieht aber hier vor allem die zuständigen Landesbehörden sowie die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger in der Pflicht und bemerkt dazu: Dieses Problem lässt sich ausschließlich durch eine bessere Aufklärung, eine Verschärfung von Sanktionen bzw. eine stringentere Durchsetzung der einschlägigen Verbote erreichen“.[4] Im August 2019 bekräftigte ein Sprecher des Bundesumweltministeriums diese Ansicht gegenüber der Neuen Osnabrücker Zeitung, konkret in Bezug auf das von uns vorgeschlagene Pfand. Es gebe demnach Ansätze, „die besser geeignet, hygienischer und deutlich unbürokratischer sind als ein Pfand“[5]. Darin stimmt sie mit dem Deutsche Zigarettenverband (DZV) überein, welcher im selben Artikel mit der Aussage zitiert wird: „Dieses Problem lässt sich nur über eine Sensibilisierung und Änderung des Verbraucherverhaltens nachhaltig lösen, aber nicht durch Pfandsysteme oder höhere Gebühren für die Hersteller.“ [6] Lediglich in diesem letzten Punkt besteht ein Unterschied zwischen den Argumenten der Bundesregierung und jener des DZV. Die Regierung fordert (den Regelungen zur erweiterten Herstellerverantwortung gemäß der EU Einweg-Kunststoff-Richtlinie folgend), dass die Hersteller das Aufstellen von Aschenbechern im öffentlichen Raum mitfinanzieren sollen. Außerdem verfolge Ministerin Svenja Schulze das Ziel, die Hersteller von Zigaretten an den Kosten der Straßen-, Park- und Strandreinigung zu beteiligen, so der Regierungssprecher gegenüber der Neuen Osnabrücker Zeitung.

Bundesregierung will mehr Aufklärung und Sanktionen gegen Zigarettenmüll

Unsere Initiative, ein Pfand auf Zigarettenfilter einzuführen, ist derzeit wohl der größte aber nicht der einzige Vorstoß dieser Art. Eine Petition mit ähnlicher Zielsetzung wurde unabhängig von uns auch von Eugen Hoppe-Schultze eingebracht und vom Petitionsausschuss des deutschen Bundestages am 23.4.2020 ablehnend beschieden (die folgenden Zitate entstammen der Begründung des Petitionsausschusses). Sein Fazit: „Der Petitionsausschuss sieht keinen gesetzgeberischen Handlungsbedarf im Sinne der Eingabe.“ Er stimmt zwar der Einschätzung zu, dass „Umweltverschmutzung durch achtloses Wegwerfen von Zigarettenkippen … ein unerfreulicher Zustand ist“, vertritt jedoch auch hier die Auffassung, dass „ein Pfandsystem kein geeignetes Instrument“ für dessen Beseitigung „darstellen dürfte“. Immerhin ein Konjunktiv, dem wir aber wohl nicht jene Bedeutung beimessen dürfen, die angesichts der folgenden Begründung angebracht wäre.

1. Ein Zigarettenpfand ist unverhältnismäßig

Für die Einführung eines Pfandsystems auf Zigaretten müsste der gesetzliche Rahmen geändert werden. Hierbei würde, so die Argumentation des Ausschusses, der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht beachtet: „Unabhängig von der Frage der Praktikabilität erscheint es aus Sicht des Petitionsausschusses unverhältnismäßig, von sämtlichen Genussmittelkunden beispielsweise ein Pfand in Höhe von 1 Euro pro Zigarette zu erbeben und die Vertreiber zur Einrichtung eines Rücknahmesystems zu verpflichten.“

Die Aufheber fordern zwar lediglich ein Pfand von 20 Cent pro Zigarette, die hier geäußerte Grundhaltung bleibt dadurch aber wohl unberührt: Die entstehenden (Umwelt-)schäden sollten lieber in Kauf genommen werden als RaucherInnen ein Pfand und der Industrie ein Rücknahmesystem für Kippen zuzumuten. Die vom Petitionsauschuss bevorzugten Alternativen sind jedenfalls ungeeignet um das Problem zu lösen:

2. Mehr Mülleimer, Ordnungsgelder und umweltbildende Maßnahmen sind zu bevorzugen

Der Petitionsausschuss vertritt die Ansicht, dass die „gewünschten Effekte vielmehr im Rahmen von kommunalen Satzungen und Maßnahmen zur Sauberkeit in Städten, z. B. durch genügende Papierkörbe in Verbindung mit der Verhängung von Ordnungsgeldern für das Wegwerfen von Zigaretten bzw. Zigarettenschachteln auf öffentlich zugänglichen Flächen“ durchzusetzen sind. Außerdem begrüßt der Ausschuss, „dass sich die Bundesregierung … auch künftig dafür einsetzt, in erster Linie durch umweltbildende Maßnahmen eine weitere spürbare Verbesserung des nachhaltigen Umweltschutzes im privaten Bereich zu bewirken“. Auch wir begrüßen all diese Maßnahmen; dass sie allein das Problem aber nicht lösen werden haben wir unter DISKUSSION > (Keine) Alternativen zum Pfand ausführlich dargelegt.

3. Die Sauberkeit in Kommunen ist keine Bundesaufgabe

In der Tat stellt die Aufgabenteilung zwischen Bund und Kommunen eine Schwierigkeit bei der Einführung eines Pfandsystems für Zigaretten dar. Wie der Petitionsausschuss in seinem Schreiben hervorhebt, sind „Aufgaben im Zusammenhang mit Sauberkeit in Städten und mit der Stadtreinigung keine Bundesaufgaben“. Sollen wir daraus aber schließen, dass der Gesetzgeber im Zweifelsfall nichts gegen den Kippenmüll unternehmen kann? Entweder die Kommunen haben mit Mülleimern und Ordnungsgeldern Erfolg oder wir leben weiter mit der Vergiftung der Umwelt durch Stummel und Zigarettenverpackungen? Bei aller Wertschätzung föderaler Prinzipien – hier muss dringend über eine Veränderung der Zuständigkeiten nachgedacht werden.

Es liegt in der Natur unserer Interessen, dass wir die Entscheidung des Petitionsausschusses zu Hoppe-Schultzes Initiative sehr kritisch sehen. Wir möchten abschließend jedoch darauf hinweisen, dass sich Die Aufheber nach wie vor in einem konstruktiven Dialog mit dem Bundesumweltministerium befinden und weiterhin an einer praktikablen Lösung arbeiten.

[1] Deutscher Bundestag / 19. Wahlperiode (2019). Drucksache 19/7380: Antwort
der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Kirsten Kappert-Gonther,
Dr. Bettina Hoffmann, Maria Klein-Schmeink, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
[Umweltverschmutzung durch Zigarettenkippen]. Berlin: Bundesanzeiger Verlag GmbH, S.8. Anmerkung: Die Stellungnahme der Deutschen Regierung bezieht sich auf ein Vorgängerdokument des Gesetzestextes, dem Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Verringerung der Auswirkungen bestimmter Kunststoffprodukte auf die Umwelt der Europäische Kommission von 2018. Der vorgelegte Gesetzestext basiert jedoch wesentlich auf diesem Vorschlag.
[2] Deutscher Bundestag; ibid., S.9
[3] van der Meer, E. et al (2017). Information 93 – Wahrnehmung von Sauberkeit und Ursachen von Littering. Eine Langzeitstudie. Herausgegeben vom Verband kommunaler Unternehmen e. V. Berlin: VKU Verlag. S. 27
[4] Deutscher Bundestag; ibid., S.9
[5] Matthies, M. (2019). 20 Cent pro Kippe? So realistisch ist das Zigarettenpfand. Neue Osnabrücker Zeitung, 8.8.2019. Online Ausgabe; eingesehen am 8.8.2019.